Zum ersten Mal im Disneyland war ich im Sommer 2000 im Alter von 22 Jahren mit meiner gesamten Familie. Damals war meine Welt noch in Ordnung. Wir waren zuerst eine Woche in Paris, dann 2 Tage im Disneyland. Ich hatte schon als Kind immer davon geträumt und gebettelt hinzufahren, aber damals gab es nur die Parks in Amerika, das war viel zu teuer und ich habe 3 jüngere Geschwister und irgendwie war immer gerade mindestens einer noch zu klein.

Das Disneyland-Virus kam herbei

Jedenfalls hat der Disneyland-Virus bei diesem Besuch meine Mama, meine Schwester Sarah (damals 14) und meinen Bruder Tim (damals 7) voll erwischt und wir beschlossen im nächsten Jahr wieder zu fahren. Das taten wir auch im Sommer und waren wieder so begeistert, dass wir beschlossen auch die Weihnachtssaison dort erleben zu wollen. Wir buchten also für Ende Dezember erneut.

Diagnose: Schweres Rheuma

Doch Anfang Dezember schlug für mich das Schicksal zu – über Nacht schwollen beide Knie auf die Größe von Basketbällen an, ich hatte wahnsinnige Schmerzen und hohes Fieber und konnte mich kaum bewegen. Später stellte sich das Ganze als schwere Form von Rheuma heraus. Ende Dezember ging es zwar etwas besser, aber ich war mir sicher – ich kann so nicht mitfahren. Doch meine Mama und Sarah wussten, wie traurig ich wäre, wenn ich Zuhause bleiben müsste, holten Erkundigungen ein, packten für mich und schleppten mich irgendwie mit nach Paris – bis heute weiß ich nicht wirklich, wie ich das geschafft habe. Dort liehen wir für mich einen Rollstuhl aus – hätte es diesen Service nicht gegeben, hätte ich nicht in den Park gekonnt. Ich konnte zwar inzwischen wieder unter Schmerzen mit Krücken laufen, aber keine langen Strecken – einige Schritte, dann war Schluss.

Das Pflaster: Disneyland Paris

Der Castmember beim Rollstuhlverleih schickte uns direkt in die City-Hall für die (damals noch) blaue Karte, mit der wir dann alle durch den Ausgang in die Attraktionen konnten und meistens auch fast direkt dran kamen. Die Castmember waren so nett und verständnisvoll und erklärten uns alles genau. Es war mir zwar nie wieder im Leben soooooo kalt (da waren es etwa -10°C), wenn wir abends ins Hotel kamen, waren meine Beine trotz Strumpfhose, Leggins, Stulpen und Jeans eiskalt, und ich hatte schon echt starke Schmerzen, aber trotzdem habe ich an diesen Urlaub eigentlich nur schöne Erinnerungen. Ich hatte erlebt, dass mein Lieblingsort auch im Rolli komplett zugänglich war und dass ich weiterhin alle meine Lieblingsattraktionen fahren konnte und das gab mir Kraft, als sich herausstellte, dass ich Rheuma habe, also eine unheilbare Krankheit, die sich auch leider immer weiter verschlechterte. In den nächsten Jahren schaffte ich den Disneyland Urlaub oft noch 1 oder 1/2 Tag auf eigenen Füßen, dann liehen wir für mich einen Rolli, später hatte ich meinen eigenen Rolli mit, weil ich seit 7 Jahren die ganze Zeit darin sitze.

Auch als ich mit 33 Jahren einen schweren Schlaganfall hatte, kämpfte ich mich zurück ins Leben (ich hatte eine Halbseitenlähmung, Doppel-Sehen, Schwindel, Sprachstörungen, …) und hatte immer das Ziel vor Augen: in 3 Monaten steht unser nächster Disneyland Urlaub an, bis dahin will ich wieder so fit sein, dass ich mitfahren kann. Und ich war 3 Monate später dort. Ich war so glücklich und erleichtert, dass mir die Tränen herunterliefen als ich im Rolli auf das Disneyland Hotel zugeschoben wurde.

Das Disneyland ist mein persönliches Nimmerland, in dem ich alle Sorgen, Nöte, Probleme und auch den Großteil meiner Schmerzen hinter mir lassen kann und einfach nur zufrieden und glücklich bin und meine Zeit dort genieße. Inzwischen fahren seit ein paar Jahren meist nur meine Mama und ich, aber ihr geht es genauso und wir warten nach jedem Urlaub wieder sehnsüchtig auf den nächsten. Jetzt hoffen wir darauf, dass Corona endlich etwas weniger schlimm wird, denn wir wollen unbedingt Sarahs kleinem Sohn, Nicolas (er ist geistig behindert) das Disneyland zeigen. Er liebt Karussels und Autos bzw Fahrzeuge aller Art, also wird er sicher begeistert sein.

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